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Wir nicht / Zwei Tage ohne Schnupftabak

Wir nicht - 21.04.11 im Størte
Wir nicht - 21.04.11 im Størte

Den Auftakt machten die Hamburger Wir nicht, nach Selbsteinschätzung so was wie "Autonome Hüpfmusik, Emo-Oi und einfallsloser Kinder-Metal". Das geht schon in Ordnung und macht Laune. Allerdings mit einer gefährlichen Tendenz zur Deutschrockigkeit. Da muss man hoffen, dass der Dreck bleibt. Die Texte verbleiben teilweise ein bisschen in sinnloser Phrasenaneinanderreiherei, aber so ein Konzert ist ja auch keine Vorlesung. Und Refrains wie der von "Mein Auto" ist zumindest schön mitgröhlbar, wenn man ihn sich denn merken kann. Die Demosongs und ein paar schöne Videos gibt es auf der Webseite.

Die Niederländer von Gewapend Beton habe ich nicht fotografiert. Was ich gerne getan hätte, wenn ich sie dafür nicht hätte hören müssen. Meine Fresse. Bass/Schlagzeug könnte man ja noch "interessante Tempiwechsel" unterstellen, wo sie einfach nicht in der Lage waren, mal für drei Takte die Geschwindigkeit zu halten. Aber der Rest ging gar nicht. Die Gitarre war zwar bestimmt teuer und mit über ca. sieben Halbtöne verschobenen A-Dur-Akkorden kann man auch gute Musik machen, aber dieses miese Möchtegerngeheavymetall war widerwärtig. Und zu allem Überfluss ein abgrundtief hässliches und technisch anspruchsloses Solo, dass der Typ mindestens fünfmal an unterschiedlichen Stellen des Programms zu spielen versucht hat. Beim sechstenmal dann als Variante halb so schnell und rückwärts, was hat aber so überhaupt nicht geklappt hat, dass er selbst abgebrochen hat. Und der Mann mit der leicht schrillen Stimme, die im Wesentlichen ohne Bezug zum Sound blieb, sollte lieber Heizdeckenverkaufsreisen betreuen, so penetrant wie er nach jedem Song das neue CD-Release angepriesen hat. Was ihr auf gar keinen Fall haben wollt, nicht mal als Bierdeckelersatz. Cover gab es auch: GBH habe ich nie gemocht, entspricht aber den musikalischen Unfähigkeiten, also ging das in Ordnung. Die Bad Brains haben das Zerstümpern inclusive einer der solistischen Gitarreneinlagen aber nicht verdient.

Zwei Tage ohne Schnupftabak - 21.04.11 im Størte
Zwei Tage ohne Schnupftabak - 21.04.11 im Størte

Dann noch Zwei Tage ohne Schnupftabak aus Regensburg. Wow, wenn das bei Schnupftabakentzug rauskommt, sollte man das Zeug öfter verknappen. Wenn der Sänger/Gitarrist seine Bewegungsradius noch auf ca. 3,23 Quadratzentimeter eindampft und die Gitarre rot lackiert, gewinnt er jeden Frankie-Stubbs-LookALike-Contest. Für die Stimme müsste er wohl noch zehn Jahre um die 47 Zigaretten täglich konsumieren. Aber das nur nebenbei. Musikalisch ging das ordentlich zur Sache, Schwerarbeit von Bass und Schlagzeug, während endlich mal wieder zwei Sänger/Gitarristen vormachen, dass sie nicht überflüssig sind, wenn sie nicht beständig immer das Gleiche machen. Das hämmerte, brackerte und knallte. Kein "Das soll klingen wie", sondern einfach ein paar Leute, die ihr Ding durchziehen. Nette Texte, die man in großen Teilen auch verstehen konnte. Und kein blödes Gequatsche dazwischen, vor allem keine ständig Werbung. Obwohl es sehr wohl eine neue CD gibt, für die ich aber leider kein Geld mehr hatte. Auch hier gibt es ein paar Songs und Videos auf der Bandwebseite, die vorbildlicherweise auch ihre MyShit-Präsenz geschlossen hat.

Song für März 2011: Koksofen von Caspar Brötzmann Massaker

Ich bin mir noch den Song für März schuldig, mir geht's nicht unbedingt um neue Songs, sondern um die, die ich am meisten oder intensivsten gehört habe. Aus was für Gründen auch immer, zwischen Cash, Johnny und Cave, Nick habe ich letzten Monat meine CD von Caspar Brötzmann Massaker reaktiviert. Und das war gut. Die ganze Platte lief hier wiederholt, aber der Song Koksofen in seiner fesselnden Düsternis war es, der mich mehr als einmal zum Yoga begleitet hat. Und irgendwie würde das als Hintergrundmusik für Yoga auch passen, aber vermutlich würden viele Yogalehrer schreiend weglaufen und meine mich zumindest endgültig total bekloppt erklären.

Egal, es gibt gute Gründe, warum ich Mitglied des Bad Kharma Blocks bin.

Einige tragen Stiefelchen aus Meerschweinhaut

Klar, gab's am Wochenende auch Mainstream und TV-Sport, aber dann war ich noch im Frappant beim Konzert von Kolonie 7. Auch wenn's im Internet gut klingt, auf dem Photo gut aussieht und der Titel "Einige tragen Stiefelchen aus Meerschweinhaut" viel versprach:

Kolonie 7 im Frappant
Kolonie 7

Live war das eher bemüht. Meist zu glatt, selten zwingend. Und Blockflöten kann man sicher gut zum Heizen oder Pfählen von Vampiren verwenden, aber darf sie NIE NIMMER NICHT in der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit Musikmachen verwenden.

Papa Pferd Erfahrung

Ich bin auf Dad Horse Experience über einen Kurzfilmsoundtrack gestoßen, habe das Internet bemüht und war so einigermassen vorbereitet. Mit Herrn Adrett, der ein alter Kenner der Materie ist, radelte ich also vorfreudig zum Hafenklang.

Dad Horse Experience im Hafenklang
Dad Horse Experience im Hafenklang

Allein schon das Ein-Mann-Band-Setup mit Banjo, Fußpedal-Bassorgel und Kazoo ist großartig, aber der schmutzige Kellergospel und die abgründigen Geschichten von toten Hunden an der Autobahn und den gescheiterten Leben dieser Welt bringen dann auch hartgesottene Atheisten wie mich zum beten: "Lord,must fix my soul, turn the shit into gold." Yeah. Und ihr habt was verpasst.

Puta Madre Brothers haben danach noch gespielt. Das war auch recht nett, aber am Ende wurde dann doch deutlich, dass man einen Schlagzeuger nicht einfach durch Fusstrommeln der restlichen Bandmitglieder ersetzen kann. Mir fehlte auch die fanübliche Zurückföhntolle, um das wirklich beurteilen zu können.

Fluten / Zea im Centro Sociale

Nach der Renovierung des Centro Sociale, das nun den Charme einer Seniorenresidenzkantine versprüht, präsentierte das erweiterte Wohnzimmer am 04.02. das erste Konzert. Die Hamburger Band Fluten fängt an, und wir waren leider nich zu spät. Laut Eigenbeschreibung mit "Wurzeln im Post-Hardcore, [BLAH - entfernt vom gegenglueck] und ganz sicher ohne Zeigefinger." Und das war dann noch viel schlimmer, als man befürchten musste. Laut ohne Lärm, U2esken von der Gitarre, Deutschrockgenuschel mit Schnurrbärten* - selbst mit dem Covern von Top40-Songs und Fußballhymnen könnte hier kein Schaden mehr angerichtet werden. Also verbessern wir die Bandinfo: "Verhaftet im Schülerbandtum, [BLAH - gegenglueck], und ganz sicher ohne Eier." Ekelhaft.

Zea im Centro Sociale
We've got Crisis and Dance to the Sound of Sirens.**


Dann kam Zea, der einzelner Niederländer auf dem Photo**, der schon durch den "niedlichen" Akzent bei den Damen gepunktet hat. Computerpunkpop mit Telecaster. Klingt schwierig. War es aber nicht. Nicht mehr ganz 8bit, das im Ansatz Anklingen von Billy Bragg tolerierbar, einigermassen schmissig und frei von Gitarrensoli versöhnte Zea noch mit dem Konzertabend. Am Ende ein bisschen kurzer Auftritt. Wie sich beim nachträglichen Anhören der Konserve herausstellt, hätte auch ein besseres Textverständnis nicht gestört.

Damit in der Seniorenkantine dann aber bloss keine gute Stimmung aufkam, durften die Schnurrbärte von Fluten das Publikum mit lauter, aber schrecklicher Stampfpopkacke vertreiben.

* Deshalb auch kein Photo. Das hält meine Kamera nicht aus.
** Wie immer rotstichig. Früher gab es doch auch Lampenfolien in anderen Farben, oder nicht?