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Mozart. Auweia.

Die Frau, die weiß, wo es in Hamburg langgeht, hatte Vorgestern Oper auf's Programm gesetzt. Als war ich mal wieder auf Kampnagel: "Don Giovanni". Mit der Geschichte hatte ich mich nicht befasst, aber ich hoffte inständig, der Hauptakteur sei nicht wieder so ein Jammerlappen wie Don Carlos oder ein debiler Jesusersatz wie Parsifal. Wenigstens das war dann auch so.

Eigentlich ist der Hauptakteur der einzig einigermassen lebendige in dieser Oper, wahrscheinlich muss er deshalb sterben. Im Prinzip geht es darum, dass Casanova Don Giovianni es im Laufe der Jahre mit den Frauengeschichten übertrieben hat. Außerdem gerät er noch in eine Handgreiflichkeit mit dem Vater einer der Verführten, wobei dieser zu Tode kommt. Auf der Flucht vor der Verführten und ihrem Gemahl macht Don Giovanni sich - wohl aus Gewohnheit - noch eine Braut heran. Der Bräutigam findet das eher unkomisch, die Braut bald auch nicht mehr. Unterstützt werden die vier VerfolgerInnen noch um eine weitere Verflossene. Irgendwann treffen sich die Protagonisten auf einer Party und dann bezieht Don Giovanni Dresche. Wäre hier Schluss gewesen, wäre meine Beurteilung gnädiger ... leider war dann erst Pause. Inhaltlich passiert danach aber eigentlich nichts mehr, die Aspekte der Geschichte wird in Variationen wiedergekäut. Am Ende stirbt Don Giavanni angesichts der Manifestation des zu Beginn Erschlagenen in einer Statue, ob an allgemeinem Überdruß oder aus Angst vermag ich nicht zu sagen. (Die einige Spannung versprechende Geschichte des "treuen Dieners" Leperollo, der zu zweifeln beginnt, ob er seine eigenen Bedürfnisse wirklich immer hinter denen seines Herren Don Giovanni zurückstehen müssen, ist/bleibt leider nur eine Nebengeschichte.)

Das Bühnenbild ist eigenwillig: Das Orchester sitzt mitten im Publikum, das sich am Ende der Bühne in einer Spiegelwand selbst bestaunt. Mittig gibt es eine Art Laufsteg, links und rechts davon eine üppige Blumenwiese, in deren labyrinthartigen Gängen die Protagonisten häuiger herumirren. Das wirkt alles erst sehr mächtig, aber je mehr man sich das beguckt - und im zweiten Teil hat man dazu reichlich Gelegenheit - desto billiger und willkürlich erscheint das Ganze. Die Farben werden - z. T. durch das grottige Licht - immer unnatürlicher und nervig für das Auge. Eine Maske scheint es gar nicht zu geben, sieht man von ein bisschen weißer Tünche für die Statue ab. Die Kostüme sind der Hammer: Wenn Farben, dann immer von dem bisschen Schrillheit geprägt, dass auf eine nicht erkannte Rotgrünblindheit des Gewandmeisters schließen lässt. Das Ensemble muss sich mit Stoffteilen (teilweise nur notdürfig) verhüllen, die keine der üblichen formalen Anforderungen an Kleidung erfüllen. Mein persönlicher Favourit, war die Oberbekleidung des Schwiegervater-Rächers: Ein silbrige Sack, den einen Pullover zu nennen ich mich nicht traue. Ein Farbe, die jeden einfach Scheiße aussehen lässt, gepaart mit einem Schnitt, der jeden Adonis in einen unbeholfenen Kartoffelsack verwandelt.

Den Gesang wage ich nicht zu beurteilen, das Darstellerische ließe sich allergings bei dem ein oder anderen verbessern. Die Musik fand ich ziemlich seicht. Da hilft auch ein engagierter Dirigent nichts. Immerhin zieht er mit seinem Orchster mehrfach auf oder neben die Bühne und gibt bei einer Tanzszene sogar den Travolta. Aber gibt es eigentlich ein Gesetz, dass Dirigenten zwingt, stets unmöglich Frisuren zu tragen?

Holzfacharbeiter

In der Kakerlake in Lüneburg gab es die Leistungsschau von Tischlerei Lischitzki. Erst wurde die neue, durchaus empfehlenswerte CD vorgetragen, danach gab es einen Haufen älterer Songs bis die Band nicht mehr konnte. Die Stimmung war bestens, der Lärm ohrenbetäubend, die Luft zum Schneiden ... vom Glasdach troff der Schweiß angereichert mit "will-ich-nicht-wissen". So wie das sein sollte. Negativ sind allerdings noch ein paar stinkbesoffene Idioten auf- und umgefallen. Vorher gab es noch zwei Bands: "The very Job Agency" (oder so ähnlich) fand ich ganz nett, aber Kurhaus hat mich nicht angemacht, so dass ich die Gelegenheit zum Luftholen genutzt habe. Lüneburg in Weihnachtsverkleidung ist allerdings nicht zu empfehlen.

Grand Slam Swindle

Im verzweifelten Bemühen das Zeise interessanter zu machen, macht man dort in Sachen "zeise goes latenight". Da sich das Format des Kurzfilmslams bislang noch nicht wirklich durchgesetzt hat, gab es gestern wieder einen Literaturslam. Im halbleeren Kino gab es zwar keine totalen Ausfälle, aber auch keine echten Highlights. Es ist sicher nicht so, dass ich bei Slams für Fairness plädiere oder pfofunde literaturwissenschaftliche Aussagen der Jury erwarte. Als Juror hätte ich schließlich - wie immer bei diesem Thema - für den Hooliganbeitrag über die WM-Auslosung faire null Punkte vergeben und mehr als fünf von zehn wären bei Gereimten aus Prinzip auch nicht drin. Aber wenn die Veranstalter das nächste mal ihre FavouritInnen zum einen nicht stumpf auf die besten Leseplätze am Ende setzen und zum anderen ein bisschen weniger offensichtlich loben könnten, wäre zumindest formale Fairness gewahrt.

Mutter live

Mutter war in der Weltbühne. Einfach großartig. Die Musik nimmt einen einfach mit und fragt nicht weiter. Für Kommunikation mit seiner Umwelt ist man allerdings verloren. Irgendwie wie kiffen. Aber viel lauter. Und wie man hier sieht, schont sich die Band nicht.

Mutter

Nachdem für mich Mutter mit ihrem Album "Ich schäme mich Gedanken zu haben die andere Menschen in ihrer Würde verletzen" und speziell mit dem Song "Du bist nicht mein Bruder" den Soundtrack zur Wiedervereinigung geliefert hatte, geriet die Band irgendwie aus meinem Blickfeld. 15 jahre später taucht sie (für mich) wieder auf:

Im 3001 lief Gestern die Doku "Wir waren niemals hier" über die Band (mit anschließendem Kurzkonzert), ich hatte eigentlich nichts Besonderes erwartet, war irgendwie nur neugierig. Der Film ist ganz OK, bringt einem teilweise auch die Bandmitglieder näher, aber schafft es nicht, die Musik auch nur ansatzweise zu erklären. Leider wird aus der Musik teilweise ziemlich hart in die Interviews umgeschaltet. Völlig überflüssig sind die eingeblendeten Auslassungen von Diestelmeyer (Blumfeld) und Rocko Schamoni.

Das anschließende Konzert im 3001 war kurz und gut. Allerdings kam im Publikum, gemütlich im Kinosessel liegend, nicht so wirklich Konzertextase auf.